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Was ist Krebs ?
Wer sich im Jahre 2012 diese Frage stellt, wird nach ein wenig Herumlesen auf dieses
Buch stossen und es, genügend Interesse vorausgesetzt, sofort lesen wollen:
Siddhartha Mukherjee: Der König aller Krankheiten
Hier hat ein junger Onkologe in einzigartiger Weise derartig viel zum Thema Krebs zusammengetragen
und in einer spannenden Darstellung gut lesbar niedergeschrieben, dass dieses Buch von nun an
einen Fixpunkt jeglicher Krebs-Debatte sein wird.
Es heisst auf Seite 568:
"Ist es denkbar, dass es mit dem Krebs irgendwann in der Zukunft ein Ende hat?
Ist es möglich, diese Kranheit für immer aus unserem Körper und unserer Gesellschaft auszurotten?
Die Antwort auf diese Fragen liegt in der Biologie dieser unglaublichen Krankheit. Krebs, wissen wir heute,
ist in unser Genom eingewoben. Onkogene enstehen durch Mutationen von Genen, die das Zellwachstum regulieren.
Mutationen häufen sich an, wenn die DNA durch Karzinogene geschädigt ist, aber auch aufrung anscheinend
zufälliger Kopierfehler bei der Zellteilung.
Die eine Ursache mag vermeidbar sein, die andere ist es nicht; sie ist endogen.
Krebs ist ein Defekt unseres Wachsens, und dieser Defekt ist fester Bestandteil von uns.
Folglich können wir den Krebs nur so weit loswerden, wie wir uns von unseren physiologischen Prozessen
befreien können, die wachstumsabhängig sind - Altern, Regeneration, Heilung, Fortpflanzung."
"Wir müssen den Krebs zuerst verstehen, bevor wir ihn heilen können."
Nobelpreisträger Watson (Watson, Crick: Entdeckung der DNS-Doppelhelix), 2002
Krebs-Info-Dienst (DKFZ) noch vor wenigen Jahren:
"Krebs - ein genetischer Unfall?
Mit dieser "vorsichtigen Formulierung",
wie sie es selbst bezeichnen, umschreiben heute Wissenschaftler die ersten Schritte,
die zur Ausbildung der Erkrankung führen.
Bei einem Unfall gibt es meist Auslöser und Folgen, Schuldige und Opfer."
Mittlerweile ist der Blick auf das, was Krebs ist und wie er entsteht, weit differenzierter:
Krebs-Info-Dienst (DKFZ) aktuell:
"Was genau die erste Zelle zur Krebszelle gemacht hat,
lässt sich bei Patienten im Nachhinein praktisch nie feststellen.
Krebs entsteht in mehreren Schritten.
Verschiedene Eigenschaften gesunder Zellen gehen verloren,
andere Eigenschaften kommen neu hinzu.
Fortschritte in der Molekularbiologie haben in den letzten Jahren
viele neue Erkenntnisse über die Entstehung von Krebs erbracht."
Dr.Kremer:
"Entscheidende Erkenntnisse zum Verständnis des Krebsrätsels
sollten jedoch erst rund 30 Jahre später
(seit Einführung von "molekularen Markern"
als Ersatz für echte Retrovirus-Isolation)
durch die bahnbrechenden Befunde der Stickoxid(NO)-Forschung
und Zellsymbiose-Forschung gewonnen werden,
welche die Forschungsdaten zahlreicher anderer Forschungsgebiete
zu einem plausiblen Gesamtkonzept integrieren können."
DKFZ
"Jede Krebserkrankung nimmt ihren Anfang in einzelnen Zelle.
Wenn sich in deren Erbmaterial bestimmte Veränderungen angesammelt haben,
die Reparaturmechanismen nicht mehr beheben können,
bricht die Zelle aus dem streng kontrollierten Gleichgewicht
von Wachstum und Erneuerung aus - und beginnt, sich unkontrolliert zu vermehren."
DKFZ Zell- und
Tumorbiologie
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Dr.Kremer
"Gemäß der dominierenden Mutationstheorie der primären Krebszellgenese
entsteht eine Tumorzellkolonie aus einer einzigen „entarteten“ Körperzelle,
welche durch unkontrollierte Teilung den jeweiligen identischen DNA-Effekt im
Zellkern an jede Tochterzelle weitergeben soll. Es hat sich jedoch herausgestellt,
dass jede einzelne Krebszelle, auch im selben Tumor eines Patienten, eine
unterschiedliche genetische Variation aufweist. Diese Tatsache und die
Entdeckung der sog. Epigenetischen Phänomene hat die klassischen Theorien
über die primären Ursachen der Krebszelltransformation nachhaltig erschüttert."
Die Redifferenzierungstherapie
in der Tumorbehandlung
Kurzschluss im Photonenschalter
Interview 2001
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Prof.Duesberg
2005: The chromosomal basis of cancer
"Nach dieser Theorie wird Karzinogenese durch unspezifische Aneuploidien ausgelöst, die
entweder spontan oder durch Karzinogene entstanden sind. Aneuploidie verdirbt Teams von
Proteinen, die Chromosomen bei der Zellteilung verteilen, synthetisieren und reparieren.
Aneuploidie ist somit eine ständige Quelle für chromosomale Veränderungen, von denen, in
klassisch darwinistischer Manier, Selektion die Entwicklung und dann Weiterentwicklung
von bösartigen Krebszellen begünstigt."
Zusammenfassung auf deutsch
Das Chaos in den Chromosomen, Spektrum der Wissenschaft
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Diverse
Dr.Koubenec, Brustkrebs Info
Dr. Birgit Hiller, DKZF: "Krebs - was ist das eigentlich?"
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Review: Demicheli et al. 2008 - The effects of surgery on tumor growth: a century of investigations
Was ist eine Krebszelle ?
"Eine Abnahme oder Zunahme der Zahl an Chromosomen oder von deren Teilen,
wie sie nur bei bösartigen Tumoren vorkommt,
führt demnach zu einer Zu- oder Abnahme der Menge an
Erbsubstanz (DNA) in den Zellkernen, die man im Mikroskop messen kann.
Fehlerhafte, aneuploide Chomosomensätze und damit fehlerhafte DNA-Gehalte
in ganzen Zellfamilien (DNA-Aneuploidie) kommen aber nur in Krebszellen vor.
Der Nachweis einer chromosomalen Aneuploidie
oder der mit ihr verbundenen Mengenveränderung der DNA (DNA-Aneuploidie),
gilt international als Marker für das
Vorliegen von Tumorzellen
(Böcking et al., 1995, Haroske et al., 2001)."
Dieses Zitat ist der Broschüre "Prostatakrebs - Aktive Überwachung mit DNA-Zytometrie" entnommen,
eine
Gemeinschaftsarbeit von Alfred Böcking, Christof Börgermann und Josef Dietz
Es ist klar, dass diese Antwort auf die Frage "Was ist eine Krebszelle?" der Theorie von Duesberg
folgt, Krebs sei keine genetische, sondern eine chromosomale Erkrankung.
Allerdings stellen sich Fragen:
1. Gibt es Krebszellen, die keine Aneuploidie aufweisen?
2. Ist es richtig, dass fehlerhafte Chromosomensätze nur in Krebszellen vorkommen?
3. Inwieweit ist das Vorliegen von fehlerhaften Chromosomensätzen ein Hinweis auf die Verursachung der Zell-Transformation?
Was ist ein Prostatakarzinom ?
"Die histologische Diagnose des Prostatakarzinoms basiert auf einer Kombination histoarchitektonischer
und zytologischer Kriterien. Die gestörte Histoarchitektur erkennt
man in der Übersicht und ergibt sich aus der Form und Lage der Tumordrüsen in Bezug zu
vorbestehenden duktulo-azinären Strukturen. Pathologische Sekretionen (eosinophiles
Sekret,Kristalloide, luminale, basophile Schleimbildung) sind immer suspekt, aber
selbst nicht beweisend für ein Karzinom.Zytologische Kriterien (Kerngröße,Hyperchromasie,
Nukleolen,Zytoplasmaveränderungen) müssen stets im Vergleich zu vorbestehenden
benignen Drüsen evaluiert werden. Die diagnostisch wichtigen prominenten
Nukleolen sind für die Diagnose eines Prostatakarzinoms weder absolut notwendig
noch beweisend.Ein obligates, ebenfalls nicht beweisendes Kriterium ist das Fehlen
der Basalzellschicht."
Dieses Zitat ist dem Papier "Diagnostische Kriterien
des Prostatakarzinoms" entnommen, eine
Gemeinschaftsarbeit von H.Bonkhoff und K.Remberger
"Die histologische Diagnose des Prostatakarzinoms basiert auf einer Kombination histoarchitektonischer
und zytologischer Kriterien."
Es ist an dieser Stelle klar, dass man sich entscheiden muss:
Entweder man begnügt sich mit der Betrachtung von Zellkernen, in der Gewissheit,
dass man so die gesunden von den kranken Zellen unterscheiden kann
oder man akzeptiert, dass die Welt der Zell-Transformation doch komplexer ist
und begibt sich auf die Betrachtungs-Ebene des Gewebes.
Gretchen-Frage: Ist Krebs eine Zell-Erkrankung oder eine Gewebs-Erkrankung?
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