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ProMann

Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Hamburg
Mitglied im

Bundesverband Prostatakrebs-Selbsthilfe e.V. (BPS)

   

 

Krebs und Umwelt

Wir sind als ProMann-Selbsthilfegruppe für Prostatakrebs auf der Mitgliederversammlung im Dezember 2010
dem neu gegründeten Dachverband GENUK e.V.
beigetreten und wollen damit signalisieren, dass wir selbst endlich auch diese Themen aufgreifen wollen!

Wir können uns als "Krebskranke" nicht von den "Umweltkranken" abgrenzen, ist doch die Bedeutung der "Umwelt" für Krebs-Entstehung und Krebs-Progress von enormer Bedeutung.
Allerdings muss man sich von einer engen Definition von "Umweltfaktoren" oder "Umweltschadstoffen" lösen und eher der allgemeineren Debatte über genetische und Umwelt-Faktoren anschliessen.

Die offizielle Sicht auf das Stichwort "Krebs und Umwelt", vielleicht am ausführlichsten dargestellt auf den Seiten des DKFZs, geht davon aus, dass sich die Umweltbelastung und damit auch das Krebs-Risiko aufgrund von Umweltschadstoffen bei uns und in den entwickelteren Ländern abgenommen hat.

Lässt man allerdings das staatstragende Verlautbarungs-Interesse einer Institution wie des DKFZs beiseite und benutzt einen weiteren Begriff von "Umwelt", kommt man zu einer anderen Sicht.

Medizinisch gesehen ist vielleicht das Review der Aggarwal-Gruppe aus dem Jahr 2008 (Anderson Cancer Center, Houston, Texas),
Cancer is a preventable disease that Requires Major Lifestyle Changes,
ein geeignetes Diskussions-Papier, um die gesamte Breite des Themas "Krebs und Umwelt" vor Augen zu führen.

Wenn, wie dort in der ersten Abbildung (S.2) dargelegt, "The role of genes and environment in the development of cancer", von der alten Frage "Sind es die Gene oder ist es die Umwelt?" ausgegangen wird, wird schnell klar, dass das "Environment" die Hauptrolle spielt. Ohnehin ist die Bedeutung der Genetik (Mutationen, Chromosomen-Aberrationen etc.) bei der Erklärung der Krebsentstehung zurückgegangen. Zu stark hat die "Evidenz" zugenommen, dass in der Gen-Regulation mannigfaltige Einflüsse, gerade auch aus der "Umwelt", eine Rolle spielen.

In der Graphik über die Bedeutung von Umweltfaktoren für die Enstehung einzelner Krebsarten kommt der Prostatakrebs zwar nicht vor,
dafür ist in einer anderen Graphik über den Einfluss von Ernährungsfaktoren auf die Krebsentstehung der Prostatakrebs gleich mit dem höchsten Prozentsatz (75%) versehen.
Molekularbiologisch zentral ist die Graphik über den Einfluss von Karzinogenen und "Chemopreventive agents" auf das Anschieben bzw. Hemmen von Inflammation über den nukleären (Transkriptions-)Faktor kappa B.
Hier hat man gleich auch eine erste Idee, was bei vorhandener Krebs-Erkrankung zu tun sein könnte.

Aber das Thema "Krebs und Umwelt" muss umfassender betrachtet werden.

Wenn bei immer mehr Fischen Tumore festgestellt werden, ist es einfach zu sagen: "Das ist die Verschmutzung der Meere!".
Bei den Fischen ist es einfach. „Die haben Krebs!“ Weil die Meere verdreckt und vergiftet sind.
„Krebs und Umwelt“ eben. Was sonst? Fische leben, sofern sie nicht gefangen oder vergiftet werden, wie sie immer gelebt haben. Lesen keine Zeitung, verfolgen nicht die täglichen Börsen-Nachrichten.

Bei den Menschen ist es schwieriger. Krebs, ausgelöst durch die „Umwelt“?
Aber nein! Das tritt bei „uns“ immer weniger auf: „Experten schätzen den Anteil als gering ein, den Umweltgifte und Umweltbelastungen an der Krebsentstehung haben“, ist beim DKFZ zu lesen.
Natürlich in den Entwicklungs- und Schwellenländern, da gibt’s viel mehr Umweltverschmutzung. An verschmutzten Flüssen in China gibt es regelrechte „Krebsdörfer“, weil hier viele Menschen vorzeitig sterben.

Aber stimmt diese Gegenüberstellung?
Ist selbst aus bornierter Deutschland-Sicht richtig, was das DKFZ schreibt?
„Insgesamt ist die Umweltbelastung seit den 80er Jahren in Deutschland kontinuierlich gesunken.“

Was ist mit „Umweltbelastung“ gemeint? Und was nicht, das evtl. auch zur Krebsentstehung beiträgt und aus der „Umwelt“ kommt, aber nicht unter „Umweltfaktoren“ geführt wird, ja, noch nicht einmal offiziell zur Kenntnis genommen wird?

Was Menschen angeht, ist das Thema „Krebs und Umwelt“ schwieriger zu diskutieren, weil Menschen eben Zeitung lesen, Fernseh-Nachrichten verfolgen, sich mit den Fischen nicht austauschen können und mittlerweile weltweit in einer Kultur leben, die, wie auch immer man sie bezeichnet, keine Zukunft hat.

Günther Anders beschrieb 1956 „Die Antiquiertheit des Menschen“, Ulrich Beck 1986 das „System der organisierten Verantwortungslosigkeit“ und Jean Ziegler geisselt den „Raubtierkapitalismus“.

Zuzugeben, dass die Haupt-Ursachen für die zunehmende Krebs-Inzidenz, aber auch der drastischen Zunahme degenerativer Erkrankungen, in dem alltäglich reproduzierten Output unseres "Systems" liegen, würde den ideologischen Kollaps bedeuten. Der vollständige Zusammenbruch des Glaubens, dass unser Gesellschafts- und Produktionssystem die beste aller Welten ist.

Wie könnten wir als Krebs- oder Umweltkranke hoffen, das in all diesem Wahnsinn die Zunahme dieser Erkrankungen gestoppt, die Ursachen erkannt und beseitigt werden, wenn diese offenbar so eng verknüpft sind mit einer Produktions- und Lebensweise, deren Überwindung nicht in Aussicht steht, sondern die sich im Gegenteil jede Sekunde weiter in die Biosphäre hineinfrisst wie in einem hochaggressiven Metastasierungsprozess?

Wie sollen Krebsursachen beseitigt werden, wenn nicht z.B. die zunehmende Schwermetallbelastung anerkannt und deshalb der Versuch gemacht wird, diese bedrohliche Intoxikation wieder zu reduzieren auf ein Niveau, das menschliches Überleben möglich macht?
Werden Krebs-Tumore untersucht, finden sich in der Regel stark bis extrem erhöhte Schwermetall-Konzentrationen, darunter Aluminium, Nickel, Cadmium.

Im Periodensystem der Elemente findet man Aluminium mit der Ordnungszahl 13 (Ordnungszahl = Anzahl Protonen im Kern) gleich nach Magnesium mit der Ordnungszahl 12.
Nickel mit der Ordnungszahl 28 und Cadmium mit der Ordnungszahl 48.
Wird in Magnesium-abhängigen DNA-Enzymen wie den DNA-Polymerasen das Magnesium durch Aluminium, Nickel oder Cadmium verdrängt, können diese Enzyme nicht mehr richtig arbeiten. Eine Folge ist, dass Reparaturen an DNA-Schäden des Zellkerns nicht mehr richtig oder nicht mehr genügend gemacht werden.

Die schädigenden Wirkungen von Schwermetallen (es geht um Aluminium, Cadmium, Nickel, Cobalt, Beryllium, Arsen, Chrom und Blei) gehen von der Hemmung der Zell-DNA-Reparatur über die Blockade der Apoptose (programmierter Zelltod) in Krebszellen, der Aktivierung von Östrogenrezeptoren zur Brustkrebs-Stimulation und Hemmung von Immunzellen bis hin zur Auslösung sekundärer Mitochondropathien ( nachzulesen bei Dr. Peter Jennrich ).

Ich selbst habe in den 70ern in der Lackchemie eines grossen Chemie-Konzern gearbeitet.
Ich weiss noch genau, wie mir der Schreck in die Glieder fuhr, als ich damals in der Gewerkschaftsszeitung las, wieviel chemische Stoffe jedes Jahr neu produziert werden und wie wenig davon (ich glaube, es waren 5%) auf mögliche gesundheitliche Gefahren untersucht wurden (von denen, die untersucht wurden, das erinnere ich genau, wurden ein Drittel als potentiell krebserzeugend eingestuft).

Mittlerweile sind über 11 Millionen synthetische Verbindungen bekannt, davon 100.000 im Handel und es kommen immer mehr hinzu.

„Das ist eine gewaltige Menge an Chemikalien, die der Mensch produziert und in die Umwelt pumpt.
Natürlich, vieles wurde für einen bestimmten Zweck geschaffen.
Aber wir wissen nicht, was diese Komponenten in unserem Körper anrichten können.“
Thomas J. Slaga, Ph.D. Direktor AMC-Krebs-Forschungs-Zentrum

(Dieses und die folgenden Zitate sind dem Video "Krebs - Die verschwiegene Wahrheit" entnommen.)


John Lee, M.D.: „Die Umwelt war niemals sicher. Aber das Hauptrisiko für die Umwelt hat sich erst in den letzten 50 Jahren entwickelt, es ist der verschwenderische Umgang mit Chemikalien, besonders der sehr giftigen Petro-Chemikalien, die mittlerweile überall vorhanden sind.“

Samuel Epstein, M.D., Vorstand Amerikanische Krebsvorsorge Koalition. „Wir werden krank, jeden Tag ein bischen mehr. Nur wegen der rücksichtslosen Politik der Industrie, besonders der Erdöl-Industrie. Deren Einfluss auf die Regierungen ist so stark, dass über die wahren Risiken niemand spricht und auch nie jemand sprechen wird.“

„Die EPA hat erklärt, dass mittlerweile 90% des Trinkwassers der Erde durch landwirtschaftliche und industrielle Abwässer verunreinigt ist.“ Epstein: „Die Tatsache, dass einer von zwei Männern und eine von drei Frauen während ihres Lebens an Krebs erkranken, sollte uns klarmachen, dass wir einer regelrechten Krebs-Epidemie entgegensteuern.
Diese Graphik verdeutlicht den starken Anstieg von Krebs in den letzten 40 Jahren.
Wenn einer von zwei Männern im Laufe seines Lebens Krebs bekommt, muss man bei vernünftiger Einschätzung zu dem Schluss kommen, dass diese Krankheit ein Problem der Allgemeinheit wird, dass praktisch jeder Krebs bekommen wird.“

Thomas J. Slaga, PhD: „80 bis 90% aller Krebs-Arten können auf Umwelt-Faktoren zurückgeführt werden, z.B. Rauchen, Lebensmittel oder Umweltverschmutzung.“

„Zwischen 1974 und 1994 hat die Zahl der bösartigen Gehirntumoren bei Kindern um 35% zugenommen.
20 Mio. amerikanische Kinder unter 6 Jahre sind täglich Pestiziden ausgesetzt, die ihre Nahrung vergiften.
So lässt sich diese Zunahme erklären. Einige Äpfel sind so giftig, dass ein Kind unter 5 Jahren mit einem einzigen Bissen bereits eine riskante Dosis von Insektiziden zu sich nimmt.
Und der Genuss von 3 Hotdogs setzt Kinder soviel Nitraten aus, dass die Gefahr einer Leukämie-Erkrankung um das 9-fache steigt.“

Lee: „Wir sind ausgeliefert. Die Natur ist ausgeliefert.
Wir wissen um die Gefahr, für die Natur und für uns Menschen.
Die Haupt-Schädigungen beim Menschen tritt während der frühen Schwangerschaft auf, wenn die Embryos 18 bis 20 Tage alt sind, wenn die Gewebe sich bilden und die Mutter diesen Belastungen ausgesetzt ist.
Sie schädigen vielleicht nicht die Mutter, aber sie schädigen sicher das Baby.
Das ganze Ausmass wird natürlich erst später, im Alter von 25 oder 35 Jahren sichtbar.
Wenn sich nichts ändert, wenn wir so weitermachen, dann werden wir die Chance der Menschen, sich fortzupflanzen, vernichten.
Anders gesagt, dann werden wir aussterben.“


Wenn sich nichts ändert.

Aber wenn sich was ändern soll, muss sich fast alles ändern. Weltweit.
Politisch und kulturell.

Kann da ein Netzwerk von Umweltkranken wie GENUK einen Beitrag leisten?

Ja, denn GENUK ist nicht einfach noch eine weitere Selbsthilfe-Organisation, sondern definiert sich auch politisch:

"Im politischen Raum soll das Netzwerk dazu beitragen, dass die Vergiftung der Umwelt als entscheidende Ursache von Umwelterkrankungen aufhört. Das Netzwerk will damit eine gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen, die auch für die Lebensqualität zukünftiger Generationen erhebliche Bedeutung haben wird."

Dieses Netzwerk wie auch andere Umweltkranke und ihre Gruppen wird vor allem auch den notwendigen kulturellen Wandel unterstützen, weg von einem verantwortungslosen Drauflosproduzieren ohne Rücksicht auf Verlust von Mensch, Tier, Vogel, Fisch, Pflanze, Luft, Wasser, Boden, Natur.
Und zwar indem die allseitige Anerkennung von Umwelkrankheiten durchgesetzt und so die gesellschaftliche Wahrnehmung der Verletzlichkeit des Lebens gestärkt wird.

"Wir setzen uns ein für die Anerkennung von Erkrankungen und Behinderungen, die durch biologische, chemische und physikalische Umweltfaktoren induziert und bereits von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) anerkannt sind, jedoch nicht von staatlichen Institutionen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen und der Rechtsprechung."

Wer glaubt, dass grundlegende Umwälzungen nur spinnerte Ideen von ewig Gestrigen sind,
der versteht das Problem nicht:
Dass es so wie bisher nicht weiter geht, ist längst entschieden und auch weitestehend unstrittig.
Die Frage ist nur, mit welchem Grad von Brutalität oder Humanität die Umwälzung kommen wird; nicht, ob sie kommt.

Dennis Meadows, der schon 1972 "Die Grenzen des Wachstums" beschrieb und davor warnte, sagt heute:
"Lebensstandard wird drastisch sinken":

"Es muss klar sein: Man kann das nicht alles substituieren. Wenn wir in den 1970er-Jahren gefordert haben, die Entwicklung des Ressourcenverbrauchs zu bremsen, so müssen wir heute davon ausgehen, dass wir ihn drastisch zurückfahren müssen. Und das heißt nach heutigen Begriffen: Der Lebensstandard wird drastisch sinken müssen."

R.S., 25.11.2011